Anhand der folgenden «Personas» werden die Studienergebnisse exemplarisch veranschaulicht. Die Überführung der Forschungsergebnisse in diese Idealtypen, schafft eine Grundlage für Diskussionen bezüglich des Forschungsansatzes und trägt zu einem besseren Verständnis bei.

Die Personas beruhen allesamt auf getroffenen Annahmen über die Ausprägungen der Einflussfaktoren (z.B. hohes Risikoverhalten im Tourismusbereich und geringe wahrgenommene Anfälligkeit für das Coronavirus beim Reisen) und dienen lediglich zur Veranschaulichung der sich als aussagekräftig erwiesenen Einflussfaktoren des empirisch validierten Modells.

Wintertourismus

Die erste Persona ist «Anton». Er stammt aus Zürich und fährt meist abseits der markierten Pisten, auch wenn er nicht ortskundig ist und über keine Lawinenausbildung verfügt. Ein Lawinensuchgerät vermittelt ihm ausreichend Sicherheit. Anton hat demzufolge eine hohe Risikobereitschaft, was bedeutet, dass er bezogen auf das psychologische Erklärungsmodell tendenziell eine hohe Reiseabsicht während einer Pandemie aufweist. Er will unabhängig von der aktuellen Inzidenz auch weiterhin abseits der Pisten Ski fahren und schenkt der Aufforderung des Bundes, daheimzubleiben, keine Beachtung. Ebenso nervt er sich darüber, dass er beim Take- Away eine Maske tragen muss und trägt diese nur halbherzig.

Die zweite Persona ist «Clemens». Er ist ängstlich, da er sich nicht auf die Piste traut. Das Unfallrisiko ist ihm zu hoch und er bevorzugt es, den Tag mit einer Winterwanderung auf einem markierten Wanderweg zu verbringen. Er weist eine hohe Ausprägung bei der Dimension der wahrgenommenen Anfälligkeit auf, da er befürchtet, sich auf der Skipiste zu verletzen. Diese wahrgenommene Anfälligkeit ist auch bezogen auf das wahrgenommene Risiko einer Ansteckung während der Coronapandemie hoch ausgeprägt, was wiederum in eine tiefe Reiseabsicht und einer hohen Massnahmenakzeptanz mündet. Clemens wird sich bei hohen Fallzahlen nur noch auf einen kurzen Spaziergang in der Umgebung einlassen und dies allein. Zudem vertritt er die Meinung, dass die Maskenpflicht beibehalten werden soll, auch dann, wenn ein Covid-Zertifikat vorgezeigt werden muss.

Als dritte Persona wird eine Zielgruppe konstruiert, die durch «Bertha» repräsentiert wird. Bertha ist umweltbewusst und davon überzeugt, dass sie mit ihrem eigenen Handeln einen Beitrag zum Umweltschutz leisten kann. Sie besitzt kein Auto und reist mit den Generalabonnement nach Andermatt. Im Zusammenhang mit Covid-19 ist Bertha der Meinung, dass regelkonformes Reisen möglich sein muss, auch um so die Wirtschaft und das gesellschaftliche Leben aufrecht zu erhalten. Obwohl Sie doppelt geimpft ist, testet sich Bertha im Wissen um ihre Eigenverantwortung vor einem Ausflug ins Skigebiet zuhause mittels Schnelltest. Beschreibt man ihr Verhalten anhand des psychologischen Modells, weist Bertha eine hohe Selbstwirksamkeit und somit auch eine hohe Massnahmenakzeptanz auf.

Zu guter Letzt stellen wir Ihnen «Daria» vor. Sie trägt einen Fahrradhelm, wenn sie mit dem Velo unterwegs ist. Auch geht sie nie ohne Rückenschutz und Skihelm auf die Skipiste, obwohl sie eine routinierte Skifahrerin ist. Ihr ist bewusst, dass Unfälle geschehen, auch an vermeintlich einfachen Stellen. Daria sieht in den Schutzmassnahmen beim Reisen einen hohen Nutzen zur Eindämmung des Coronavirus und weist daher unter Umsetzung der Massnahmen eine entsprechend hohe Reiseabsicht auf. Sie ist der Auffassung, dass mit den nötigen Massnahmen einem «normalen» Leben nachgegangen werden kann und ist auch von der Wirksamkeit der Impfung überzeugt.

Städtereisen

Bei Städtereisen können weitere Verhaltensweisen illustriert werden. Es werden drei Personas vorgestellt, die im Gegensatz zu den Personas aus dem Beispiel des Wintertourismus eine Kombination aus verschiedenen Einflussfaktoren ansprechen. Die Personas verfügen jeweils über eine unterschiedliche Risikobereitschaft.

Die erste Persona «Pia» zeichnet sich durch eine niedrige Risikobereitschaft, einen hohen wahrgenommenen Nutzen und eine hohe wahrgenommene Schwere des Krankheitsverlaufs aus. Pia ist über 60 Jahre alt und versucht, wenn möglich, Gedränge zu vermeiden. Sie unternimmt Reisen mit dem Auto und bevorzugt Museumsbesuche in einer kleinen Stadt. Ihr wahrgenommener Nutzen für die Massnahmen ist hoch, da sie sich sicher fühlt, wenn die Massnahmen konsequent umgesetzt werden. Pia wäre auch bereit, in eine Grossstadt wie Genf zu reisen, sobald eine hohe Impfquote erreicht wird. Da Pia zur Risikogruppe gehört, hat sie eine hohe wahrgenommene Schwere, bevorzugt kleine Hotels und versucht den Kontakt zu anderen Gästen so gut wie möglich zu vermeiden.

Eine mittelmässige Risikobereitschaft weisen «Mia und Max», ein Paar mit Kindern, auf. Sie sind bemüht, Gedränge zu vermeiden, reisen mit dem Privatauto und besuchen Gross- und Kleinstädte. Die wahrgenommenen Barrieren bei der Umsetzung der Massnahmen nehmen sie als mittelmässig war, da die Umsetzung der Schutzmassnahmen beim Reisen mit Kindern nicht immer einfach ist. Sie haben ein hohes Vertrauen in das Gesundheitssystem in Schweizer Städten und möchten genau wie Pia die Möglichkeit haben, flexibel zu buchen und wenn nötig den Urlaub kurzfristig zu verkürzen.

Als dritte und letzte Persona wurde «Heinz» (Mitte 20) mit einer hohen Risikobereitschaft vorgestellt. Heinz reist mit dem öffentlichen Verkehr in grosse Städte und meidet das Gedränge nicht. Er hat eine tiefe wahrgenommene Anfälligkeit und somit eine tiefe Massnahmenakzeptanz. Trotzdem lässt er sich vor dem Besuch in einem Club testen, da er keine Wahl hat und sich trotz Auflagen amüsieren möchte. Er wird bei der Massnahmenakzeptanz stark von der subjektiven Norm geleitet, da seine engen Freunde die Massnahmen für übertrieben und deren Nutzen zur Eindämmung des Coronavirus in Frage stellen.